Kopf eines Buddhas

«Westlicher» Buddhismus?

Der Buddhismus gehört zu den grossen Weltreligionen. Doch gibt es weder «den» einen Buddhismus, noch «den» Islam oder «das» Christentum. Wie die anderen Religionen auch, entwickelte sich «der» Buddhismus im Laufe seiner Geschichte immer weiter und brachte ganz verschiedene Formen hervor. 

Über Hunderte von Jahren deuteten Menschen in Indien, Japan, Vietnam, Korea, in Tibet, aber auch in der Schweiz und in anderen Ländern die buddhistischen Lehren immer wieder neu und setzten dabei neue Akzente.

Es gibt ReligionswissenschaftlerInnen, die sogar meinen, dass in Europa und Nordamerika ein neuer Buddhismus geschaffen wurde – eine neue Schule mit spezieller Auslegungstradition.

Seit westliche Intellektuelle im 19. Jahrhundert begannen, den Buddhismus zu erforschen, stellten sie sich immer wieder die Frage, ob der Buddhismus überhaupt eine Religion oder nicht eher eine Philosophie sei.

Thailändischer buddhistischer Tempel, Gretzenbach, Schweiz

Buddhismus in der Schweiz

Die grosse Mehrheit der BuddhistInnen in der Schweiz sind heute Menschen mit Wurzeln in China, Taiwan, Japan oder Thailand.

Alle grossen buddhistischen Traditionen sind in der Schweiz vertreten: der südostasiatische Theravada-Buddhismus, der japanische Zen-Buddhismus oder der tibetische Vajrayana-Buddhismus.

Tibet-Institut Rikon, Rikon, Schweiz

Insgesamt leben gemäss Bundesamt für Statistik (Stand 2017) rund 37’000 BuddhistInnen in der Schweiz.

Doch nicht nur die eingewanderten BuddhistInnen haben «ihren» Buddhismus im Gepäck mit in die Schweiz gebracht. Auch SchweizerInnen wandten sich dem Buddhismus zu und gründeten Vereine, in denen sie die Lehren des Buddhas zum Teil neu und anders bewerteten.

Diese Entwicklung fand in verschiedenen europäischen Ländern, aber auch in Nordamerika und in Australien im letzten Jahrhundert statt.

Dharani Sutra des Herzens der Weisheitserhebung des Buddha

Die ersten westlichen BuddhistInnen interessierten sich vor allem für Ideen und philosophische Konzepte des Buddhismus. Zum Beispiel für Karma, Wiedergeburt, Meditation oder Askese.

Der oft von Ritualen geprägte Alltag von BuddhistInnen in asiatischen Ländern wurde ausgeblendet. Das eher intellektuelle Interesse am Buddhismus führte dazu, dass die Lehren neu formuliert und dem westlichen Lebensstil angepasst wurden.

Buddhistische Gebetsfahnen an einem Wohnhaus, Bern, Schweiz

Der sogenannte «westliche Buddhismus» zeichnet sich durch folgende Eigenschaften aus:

Zunächst ist er vor allem ein Phänomen, das in Städten zu finden ist. Zudem wenden sich oft Menschen, die über einen hohen Bildungsgrad verfügen – oftmals sind sie AkademikerInnen –, dem Buddhismus zu. Das Interesse ist sehr persönlich und auf das Individuum zugeschnitten, die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft steht im Hintergrund.

LaienbuddhistInnen beim Ritual, Thian Hock Keng Tempel, Singapur

Einige ForscherInnen behaupten sogar, dass der Buddhismus in Asien und im sogenannten Westen sich grundlegend unterscheiden:

BuddhistInnen in Asien würden sich mehr für Rituale interessieren und sich stärker mit einer Gemeinschaft identifizieren.

BuddhistInnen im Westen würden vor allem meditieren und sich auf einer spirituellen Suche befinden. Zudem würden sich einige westliche AnhängerInnen erhoffen, im Buddhismus Therapiemöglichkeiten zu finden.

Tibetischer Mönch bei der Rezitation eines heiligen Textes, Mustang, Nepal

Religion oder Philosophie?

Weil sich die Menschen im Westen vor allem für die Ideen des Buddhismus interessierten, rückten andere Themen in den Hintergrund, so beispielsweise die rituelle Praxis. Von dieser Perspektive aus gesehen kann der Buddhismus als Philosophie beschrieben werden.

Durch seine weltweite Verbreitung hat sich der Buddhismus immer den lokalen Bedürfnissen der Menschen angepasst.

So ist er für manche mehr eine Philosophie oder spirituelle Praxis, die mit den Ansichten anderer Religionen kombiniert werden kann. Für andere wiederum ist er eine eigene Religion.

Ein Mönch fragte Yunmen: Was bedeutet das: Wahrheit in jedem Staubkorn?

Yunmen erwiderte: In jeder Schale Reis, in jedem Eimer Wasser findet sie sich.

Gratulation

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