Shyamatara, die Grüne Tara

Frauen im Buddhismus – ein ambivalentes Thema

In den im sogenannten Westen verbreiteten buddhistischen Schulen praktizieren heute Männer wie Frauen den religiösen Weg.

Wenn man aber zum Beispiel nach Südostasien schaut, in Länder wie Thailand oder Myanmar, dann fällt auf, dass dort die Mönche das Bild der Religion beherrschen.

Tatsächlich gibt es bis heute in den wenigsten buddhistischen Ländern die volle Ordination für Nonnen. In Indien existierten zwar schon im 3. Jahrhundert v. Chr. Nonnenorden, sie verschwanden allerdings im 8. Jahrhundert schon wieder. Allein in China, Korea und Vietnam konnten sich die Nonnenorden etablieren.

In dieser Story erfährst du mehr über das ambivalente Verhältnis der buddhistischen Schulen zu Frauen in der Geschichte und heute.

Shyamatara, die Grüne Tara

Nonnen im frühen Buddhismus

In der indischen Gesellschaft zur Entstehungszeit des Buddhismus, also ca. 500 v. Chr., spielten die Frauen im religiösen Leben keine Rolle. Daher muss es als revolutionär gelten, dass schon im frühen Buddhismus Frauen als Schülerinnen aufgenommen wurden.

Der Überlieferung nach soll bereits der Buddha einen Nonnenorden zugelassen haben. Allerdings war er erst dazu bereit, als seine Ziehmutter Prajapati ihn inständig darum bat und sein Schüler Ananda ein gutes Wort für sie einlegte.

Stehende Tara

Gleichheit von Männern und Frauen

Grundsätzlich wird in den frühen buddhistischen Texten des Pali-Kanons Männern und Frauen gleichermassen die Möglichkeit zugesprochen, die höchste Erkenntnis zu erreichen.

In einer Textstelle, die den Pfad zum Erwachen mit einem Wagen vergleicht, heisst es: «Und seien es eine Frau oder ein Mann, auf die ein solcher Wagen wartet, mit diesem Wagen werden sie in die Gegenwart des Nirvana eintreten».

Stehender Mönch mit gefalteten Händen

Trotz dieser theoretischen Gleichstellung wurden die Nonnenorden den Mönchsorden klar untergeordnet. Nonnen mussten beispielsweise weit mehr Regeln einhalten als Mönche, und sie waren ihnen gegenüber – ungeachtet von Alter und Rang – zu Respekt verpflichtet.

Faktisch galt das Mönchstum als vielversprechendster Weg zur Erkenntnis. Dies zeigt sich auch darin, dass in Stifterinschriften oder aufgezeichneten Geschichten Frauen den Wunsch äusserten, im nächsten Leben als Mann wiedergeboren zu werden.

Maras Töchter versuchen den Buddha

Frauen als Verführerinnen

Immer wieder werden Frauen in frühen buddhistischen Texten als Verführerinnen beschrieben.

Da sie im Mann sexuelle Lüste entfachen können, werden sie als Bedrohung für Mönche und Asketen gesehen. In zwei Mahayana-Texten finden sich dafür drastische Worte: «Frauen sind die Wurzel des Verderbens», «eine Frau ist die Zerstörung dieser Existenz und der Nächsten», oder «sie sind verabscheuungswürdiger als tote Hunde» (Maharatnakuta, XI, 543-547 und Saddharmasmrtyupasthana-Sutra).

Yakshi, Nymphe mit Lotosblüten, Fragment eines Zaunpfeilers

Doch schon der indische Philosoph Chandrakirti aus dem 7. Jahrhundert stellte klar, dass das Problem des Asketen nicht die Frauen, sondern sein eigenes subjektives Begehren sei.

Solche negativen Beschreibungen des Weiblichen sollten den Männern helfen, ihren Sexualtrieb zu überwinden und sich damit von leidbringenden Anhaftungen zu lösen.

Guanyin, der Bodhisattva des Mitgefühls, als Beschützer der Fischer
Buddhistische Nonnen und Laiinnen, Xi'an-Tempel, Provinz Shaanxi, China

Heutige Situation der Nonnen

Die frühen Nonnenorden in Südasien scheinen sich um das 8. Jahrhundert mit dem langsamen Verfall des Buddhismus in Indien wieder aufgelöst zu haben.

Im 5. Jahrhundert wurde in China die erste Nonne ordiniert, und von dort aus wurde der Nonnenorden in Korea und Vietnam eingeführt.

Buddhistische Nonnen und Laiinnen, Xi'an-Tempel, Provinz Shaanxi, China

In anderen Ländern gab und gibt es zwar Frauen, die ein rein religiöses Leben führen, aber sie gelten offiziell als Laiinnen. Die volle Ordination bleibt ihnen verwehrt.

Mit der Erneuerung des Buddhismus in vielen asiatischen Ländern im 20. Jahrhundert wird auch die Forderung nach einer Gleichstellung der Frauen immer stärker.

Beispielsweise setzt sich die internationale Vereinigung buddhistischer Frauen Sakyadhita für die Schaffung von Nonnenorden ein.

Sitatara

Die Reaktion in den buddhistischen Gemeinschaften der Welt fällt dabei unterschiedlich aus.

Die Buddhisten in Thailand und Myanmar lehnen eine Ordination von Nonnen strikt ab. Sie argumentieren, dass nur eine voll ordinierte Nonne die Weihe von Nonnen praktizieren könne.

Nachdem die Nonnenorden in den buddhistischen Schulen Süd- und Südostasiens schon vor tausend Jahren untergegangen waren, sei auch die Überlieferungslinie abgebrochen. Deshalb könne nun keine Ordination von Frauen mehr stattfinden.

Thangka der 21 Taras

In Sri Lanka sind 1998/99 einige Frauen von koreanischen Nonnen geweiht worden.

Auch in den tibetischen Schulen scheint sich die strikte Haltung gegen Nonnenorden zu lockern. Der Dalai Lama spricht sich explizit für eine Gleichstellung aus.

Ein Meilenstein ist hier 2016 gelegt worden: Erstmalig verlieh der Dalai Lama den «Geshe»-Titel und damit die vollständige Ordination persönlich an 20 Nonnen der tibetisch-buddhistischen Tradition.

Meister Dazu lag krank im Bett.

Der Abt fragte ihn: Wie geht es euch?

Der Meister erwiderte: Buddha mit dem Sonnen-Antlitz, Buddha mit dem Mond-Antlitz.

Frauen im Buddhismus – ein ambivalentes Thema