Die vier Ausfahrten

Glück und Leid

Das Leben ist Leiden. So lautet die erste der Vier edlen Wahrheiten des Buddhismus

Das Leben ist von Vergänglichkeit bestimmt. Alter, Krankheit und Tod sind die grossen Herausforderungen im Leben der Menschen. Doch auch Momente des Glücks vergehen unweigerlich. Somit ist das Glück eng mit dem Leiden verknüpft. 

Die Ursachen für das Leiden sind laut der zweiten edlen Wahrheit Hass, Gier und Verblendung oder Unwissenheit. 

Die dritte edle Wahrheit berichtet von der Möglichkeit, das Leiden zu beenden, indem man die Leidensursachen überwindet.

Und schliesslich verweist die vierte edle Wahrheit auf den zur Beendung des Leidens führenden Weg: den Edlen achtfachen Pfad.

Was bedeuten diese Einsichten des Buddhas für das alltägliche Leben von Buddhistinnen und Buddhisten? Wie definieren sie in diesem Fall Glück?

In dieser Story entdeckst du mithilfe von Interviews mit ausgewählten BuddhistInnen und BuddhismusforscherInnen einige Antworten auf diese Fragen.

Buddha Shakyamuni wird vom Schlangenkönig geschützt

Leiden

Das Leiden ist wohl einer der am meisten missverstandenen Begriffe des Buddhismus. Nur PessimistInnen würden das Leben als Leiden bezeichnen, und es käme doch auf den Fokus an, auf die schönen Dinge zu achten. So oder ähnlich kann die Kritik klingen.

Höre dir auf dem folgenden Slide selbst an, wie der Zen-Mönch Thich Duc Tinh aus der vietnamesischen Gemeinschaft in der Schweizerischen Gemeinde Zollikofen den Begriff des Leidens beschreibt.

Bhante Anuruddha, ein Mönch der buddhistischen Tradition Sri Lankas, definiert das Leiden als Anhaftung.

Affenmutter mit ihren Jungen

Das Problem mit der Gier

Anhaften und Loslassen sind zentrale Begriffe im Buddhismus.

Das Anhaften entsteht durch Gier oder Verlangen (auf Sanskrit heisst der Begriff wörtlich übersetzt «Durst»). Menschen möchten Dinge, aber auch Personen, Gefühle oder Momente festhalten. Dadurch entsteht Leiden.

Der Buddhismus lehrt loszulassen und die Vergänglichkeit und Flüchtigkeit aller Dinge zu akzeptieren.

Glück

Was bedeutet also Glück für Buddhistinnen und Buddhisten? Höre dir hier die Antwort des Zen-Mönchs Thich Duc Tinh an.

Auch Loten Dahortsang, buddhistischer Mönch der tibetischen Gemeinschaft, beschreibt das Glück als eine Art ausgeglichene Zufriedenheit, die er in der spirituellen Praxis findet.

Der Tod des Buddhas

Unbeständigkeit

Loten Dahortsang schildert, wie er jeden Augenblick geniessen kann, ohne ihn festhalten zu wollen.

Durch ein Festhalten-Wollen oder ein Anhaften entsteht unweigerlich Leiden. Denn alles ist vergänglich und nichts lässt sich ewig bewahren.

Was im Buddhismus als unbeständig bezeichnet wird, schildert Yuka Nakamura, Psychologin und Achtsamkeitslehrerin, auf dem folgenden Slide.

Buddha Shakyamuni mit Geste des Erwachens

Das höchste Glück – Nirvana

Das höchste Glück sehen viele Buddhistinnen und Buddhisten im Erlangen des Nirvana.

Nirvana ist ein Zustand des Geistes, der in der Übung der Meditation erreicht wird. Jedoch ist es auch für die Praktizierenden eine Herausforderung, diesen Zustand in Worte zu fassen.

Höre dir selbst an, wie Nirvana umschrieben werden kann, indem du zum nächsten Slide gehst.

Der Buddhismusforscher Jens Schlieter beschreibt Nirvana in wissenschaftlicher Weise.

Der buddhistische Mönch Bhante Tikino aus der Tradition Sri Lankas findet eigene Worte für den Begriff des Nirvana.

Kopf eines Mönchs

Glück bedeutet also ...

Du hast verschiedene Stimmen zu den Begriffen Leiden und Glück gehört. Was ist ihnen gemeinsam?

Unter anderem haben alle die Praxis der Meditation angegeben: als Weg zum Erkennen der Ursachen für das Leiden und zu dessen Überwindung, und somit als Mittel auf dem Weg zum höchsten Glück – dem Nirvana.

Welche Gemeinsamkeiten erkennst du noch? Du kannst sie auf dem folgenden Slide notieren!

Eine Tempelfahne flatterte im Wind und zwei Mönche diskutierten darüber. Einer sagte: Die Fahne bewegt sich.

Der andere sagte: Nein, es ist der Wind, der sich bewegt.

Da sagte der sechste Patriarch: Es ist weder der Wind, der sich bewegt, noch die Fahne, es ist euer Geist, der sich bewegt.

Glück und Leid