Die vier Freuden des Nan Shenglu (Detail)

Meditation

Das Meditieren gilt als typische buddhistische Praxis. 

Der Buddhismus wird mitunter auf diese Übungen reduziert und als Meditationsreligion wahrgenommen. 

Welchen Stellenwert hat Meditation im alltäglichen Leben von Buddhistinnen und Buddhisten? Und was muss man sich unter Meditation vorstellen? 

Tatsächlich ist eine Grenze zwischen Ritual und Meditation in vielen Fällen nur schwer zu ziehen. Auch unterscheiden sich die meditativen Praktiken je nach buddhistischer Schule stark.

Die frühen Texte des Buddhismus beschreiben Meditation als Mittel, um Kontrolle über die Sinne zu erlangen. Diese soll die Praktizierenden auf das Erkennen der Wirklichkeit vorbereiten, ungetrübt von falschen Annahmen. 

Lange Zeit war dies eine Übung, die nur von Mönchen oder Nonnen durchgeführt wurde.

Das Meditieren als allgemeine Praxis für Laiinnen und Laien hat sich erst im 20. Jahrhundert etabliert. Meditation, so wie wir das heute verstehen, ist etwas sehr Modernes. Die Idee, das eigene Leben zu verbessern, mehr Lebensqualität und Wohlbefinden zu erlangen, weist auf ein neues Verständnis dieser religiösen Praxis hin. 

Entdecke in dieser Story unterschiedliche Beispiele davon, was Meditation in buddhistischen Traditionen bedeuten kann.

Buddha Shakyamuni

Was ist Meditation?

Über etwas zu meditieren, bedeutet im alltäglichen Sprachgebrauch, tief über etwas nachzusinnen. Im Bereich der Religionen wird mit Meditation eine kontemplative, zum Teil auch mystische Versenkung beschrieben.

Für Buddhistinnen und Buddhisten war Meditation in ihren unterschiedlichen Formen von Beginn an ein wichtiges Instrument auf dem Pfad zum Erkennen der Wirklichkeit: nämlich dass das Leben leidvoll ist, alle Erscheinungen der Vergänglichkeit unterworfen sind und die Annahme eines beständigen «Ich» oder Selbst falsch ist. Diese Einsichten wiederum führen zum Zustand des Erwachens.

Buddha Shakyamuni

Meditation ist das Mittel, durch welches der Buddha Shakyamuni zum Erwachen und zu seinen Einsichten über die Wahrheit der Wirklichkeit – den Vier edlen Wahrheiten – gefunden haben soll. Über viele Jahre praktizierte er unter Anleitung von zwei yogischen Lehrern verschiedene Techniken der Versenkung.

Das Ziel dieser Übungen ist es, den eigenen Geist zu trainieren und zu disziplinieren. Dadurch soll Klarheit und Bewusstheit erlangt werden, die schliesslich zu höheren Einsichten führen können.

Buddha Shakyamuni

Methoden der Achtsamkeitspraxis, der Rezitation von heiligen Texten sowie der Visualisierung bestimmter Buddhas und Gottheiten bilden seit jeher unter anderen das Instrumentarium buddhistischer Versenkungspraktiken.

Entdecke auf den nächsten Slides einige exemplarische Beispiele der verschiedenen Formen buddhistischer Meditation.

Tempelglocke im Myoshin-ji, Kyoto, Japan
Bodhidharma

Meditation im Zen-Buddhismus

Im Zen-Buddhismus spielt Meditation eine sehr wichtige Rolle. Zen (chin. Chan) bedeutet auf Japanisch Meditation.

Die Praktizierenden sitzen zum Beispiel oft stundenlang mit dem Gesicht zur Wand gewendet. Diese Form wird Zazen – Sitzmeditation – genannt.

Das Erwachen kann in dieser Tradition jedoch nur mithilfe einer Lehrperson herbeigeführt werden. Im richtigen Moment fordert sie den Geist der SchülerInnen heraus, oft mit einem ungewöhnlichen Rätsel.

Bodhidharma

Solche Rätsel, Koan genannt, sind unlösbare Herausforderungen für den rational denkenden Geist. Sie sollen die SchülerInnen davon befreien, Erfolge durch das Denken zu suchen.

Ein typischer Koan lautet zum Beispiel:

Jemand fragte: Was ist die höchste Lehre?

Yunmen antwortet: keine Fragen, keine Antworten.

Aber auch andere Formen von Meditation wie Rezitationen heiliger Texte, Gehmeditationen oder das Studieren von heiligen Texten sind für die Zen-Praxis bedeutend.

Kinkaku-ji (Goldener Pavillon), Kyoto, Japan

Zazen heute

Seit dem 20. Jahrhundert praktizieren in Japan auch nicht ordinierte Buddhistinnen und Buddhisten, also Laien-BuddhistInnen, das Zazen.

Im Zentrum der Praxis in japanischen Zen-Tempeln steht jedoch nicht nur die Meditation. Das Durchführen von Ritualen ist genauso bedeutend. Die Tempel sind zudem Zentren für die Gemeinschaft.

In Europa, den USA und Australien bildet die Meditation den Kern Zen-buddhistischer Praxis.

Machig Labdrön

Meditation im Vajrayana-Buddhismus

In der tibetisch-buddhistischen Tradition des Vajrayana-Buddhismus stehen Buddhas, Bodhisattvas oder Gottheiten oftmals im Zentrum der meditativen Praktiken. Mit diesen werden die Praktizierenden durch ihre persönlichen LehrerInnen vertraut gemacht, bevor sie eigenständig meditieren können.

Sehr zentral im tibetischen Buddhismus ist zudem das Aufsagen und Singen von Mantras, also heiligen Silben. Dies wird auch als Meditationsform beschrieben.

Machig Labdrön

Am häufigsten wird eine ritualisierte Art von Meditation durchgeführt, in der die Praktizierenden zum Beispiel eine Gottheit geistig zu sich einladen. Dies geschieht durch Visualisierungstechniken, indem durch grosse Konzentration ein Bild der Gottheit im Geist aufgebaut wird.

Das Ziel ist es, eine Einswerdung mit der Gottheit zu erlangen und so deren Qualitäten in sich selbst zu erkennen.

Unterstützend zu dieser Art von Praxis werden oftmals ebenso Mantras gesungen.

Buddha Shakyamuni wird vom Schlangenkönig geschützt

Achtsamkeitspraxis

In den Ländern des Theravada-Buddhismus – also Myanmar, Thailand und Sri Lanka – gab es ab dem 19. Jahrhundert Reformbestrebungen, Meditation als Praxis für alle Buddhistinnen und Buddhisten, also nicht nur für Mönche und Nonnen zu etablieren.

Insbesondere Formen der Achtsamkeitsmeditation wurden populär.

Was heute in der ganzen Welt als Achtsamkeitspraxis – auch Vipassana genannt – ausgeübt wird, geht auf diese Bewegungen zurück.

Global Vipassana Pagoda, Mumbai, Indien

Achtsamkeitspraxis heute

Bei der Achtsamkeitspraxis geht es darum, die Aufmerksamkeit für gegenwärtige körperliche, geistige und emotionale Empfindungen zu schärfen. Es geht also um die Analyse des Denkens und der Erkenntnis.

Vipassana wird heute aber nicht nur von Buddhistinnen und Buddhisten praktiziert. Es ist eine Praxis der Konzentration und Einsicht, die für alle Menschen offen steht, egal aus welcher religiösen Tradition sie kommen – und auch für Atheistinnen und Atheisten.

Thich Nhat Hanh (1926–)

Einer der weltweit bekanntesten Vertreter der Achtsamkeitspraxis ist der vietnamesische Mönch Thich Nhat Hanh.

Heutzutage wird das Ausüben von Achtsamkeitspraktiken nicht automatisch mit den Lehren des Buddhismus verknüpft.

Sie werden zum Beispiel in therapeutischen Anwendungen zur Stressbewältigung eingesetzt, beispielsweise in Schulen, Gefängnissen oder in Unternehmen.

Basho sagte zu seinen Schülern: Wenn ihr einen Stock habt, so werde ich ihn euch geben. Wenn ihr keinen Stock habt, so werde ich ihn euch wegnehmen.

Meditation