Das Sanskrit-Wort Nirvana bedeutet wörtlich «Verlöschen». Es beschreibt den Zustand des völligen Loslassens, in dem alle Leid verursachenden Leidenschaften aufhören und der Kreislauf der Wiedergeburten durchbrochen werden kann. Da es dann kein Subjekt mehr gibt, kann kein Mensch das Nirvana wahrnehmen.
«Gleichwie die Flamme, ausgelöscht durch Windes Macht, zu Ende kommt und nicht mehr in Benennung eingeht, so auch, vom geistigen Daseins- Teil befreit, ein Muni [Weiser], erreicht das Ende, geht nicht ein mehr in Benennung.»1
Sutrapitaka
«Wo nicht Erde, Wasser, Feuer, Luft ist, wo nicht der Bereich der Unendlichkeit des Raumes und des Bewusstseins, nicht der Bereich der Nichtirgendetwasheit noch der Grenze von Unterscheidung und Nichtunterscheidung, nicht diese Welt noch jene Welt, noch Sonne und Mond sind. Das nenne ich nicht Kommen und Gehen, nicht Feststehen, nicht Vergehen und nicht Entstehen. Ohne Grundlage, ohne Fortgang, ohne Halt ist es. Dies ist das Ende des Leidens.»2
Sutrapitaka
«Nicht aufgegeben, nicht erreicht, nicht abgeschnitten und nicht ewig, nicht zerstört und nicht entstanden; das wird als Nirvana angenommen.»3
Nagarjuna, Madhyamika-Shastra, 2. Jahrhundert
1 Sutta Nipata, 1074, zitiert nach Nyanaponika, Sutta-Nipata. Frühbuddhistische Lehr-Dichtungen aus dem Pali-Kanon, mit Auszügen aus den alten Kommentaren, Konstanz: Christiani Verlag, 1955, S. 217.
2 Udana 8,1, zitiert nach Helmuth von Glasenapp, Pfad zur Erleuchtung. Das Kleine, das Grosse und das Diamant-Fahrzeug, München: Eugen Diederichs Verlag, 1988, S. 103.
3 Madhyamika-Shastra des Nagarjuna, 25. Abschnitt. Das Erlöschen, zitiert nach Johannes Mehlig, Hrsg., Weisheit des alten Indien. Buddhistische Texte, Band 2, Leipzig/Weimar: Gustav Kiepenheuer Verlag, 1987, S. 593.